Jahrestagung

Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Musikwissenschaft 2024
Universität Mozarteum Salzburg, 17.–19.10.2024

Demokratie – Materialisierung in und durch Musik

Mit „Demokratie“ verbinden sich zahlreiche Werte wie Freiheit, Gerechtigkeit oder Humanismus, die stets neu verhandelt werden müssen. Sie versteht sich als Herrschafts-, Gesellschafts- und Lebensform und differenziert sich entsprechend zeitlich, kulturell und staatlich spezifisch aus. Demokratie kann durch musikalische Darbietungen symbolisch eingefordert oder konsolidiert werden, denn Musik ist eine mögliche Praxis, den Aushandlungsprozess, was unter „Demokratie“ verstanden wird, zu gestalten, zu begleiten oder zu kommentieren.

Musik bietet eine Folie für analytische und vergleichende Perspektiven auf verschiedene Konzepte von Demokratie. Zu denken ist an Emanzipationsprozesse sozialer oder ethnischer Gruppen, die sich in und durch Musik politisch artikulier(t)en und für die Demokratie eintraten oder –treten sowie an Protest über und durch Musik als individuelle wie gruppendynamische Artikulationsform mit Öffentlichkeits- und Multiplikationseffekten. So kann sich demokratischer Protest qua Musik artikulieren, etwa die „Kassettenkultur“ in Chile, codierte Botschaften in Liedtexten, Musik der „Friedlichen Revolution“ in der DDR 1989, als wichtiger Teil der „Singing Revolution“ im Baltikum 1988 bis 1991 oder kürzlich in der Protestmusik im Iran.

Grundsätzlich stellt sich die Frage, inwiefern Musik insbesondere in ihren eigenen, werkimmanenten Strukturen überhaupt ein Raum von Demokratie sein kann und soll. Ist im Verhältnis der Stimmen zueinander, im Konzept von Dux und Comes oder anderen kompositorischen Prinzipien die Idee der absolutistischen Macht eingeschrieben? Und zeigen sich dann bereits seit dem 18. Jahrhundert Erosionen dieser Alleinherrschaft etwa in instabiler Tonalität oder Stimmenunabhängigkeit?

Spätestens zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist darüber hinaus eine Pluralisierung in den Bereichen der Produktion, Distribution und Rezeption von Musik zu bemerken. (Neue) Infrastrukturen und Technologien trugen v.a. in der Popularmusik zu demokratischeren Verbreitungsmöglichkeiten bei. Gleichwohl bedeuten diese Verarbeitungsmöglichkeiten bspw. durch das ,Recycling‘ im Sampling und Cover die Verbreitung individueller politischer Haltung. So können durch Intermedialität politische Haltungen kommuniziert werden, z.B. durch Framing und Reframing. Auch die Rolle des Publikums verändert sich im Verlauf des 20. Jahrhunderts. Durch die verstärkte Ausformung partizipativer Rezeptions- und Reaktionsformen (Skandale im Konzertsaal, Kommentierungen und Klickzahlen in Social Media) sind Rezipierende zu einem einflussreichen Gegengewicht herangewachsen und sich dieser Macht durchaus bewusst.

Die Jahrestagung thematisiert und diskutiert musikbezogene Phänomene, die mit Vorstellungen von Demokratie bzw. demokratischen Prinzipien in Beziehung stehen, u.a.:

  • Musikalischer Protest als Engagement für die Demokratie, gegen politischen und kulturellen Totalitarismus und der mögliche Artikulationswandel im Verlauf der Geschichte
  • Demokratische Werte (Freiheit, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit) immanent in der Musik und in ihrer Performanz und Rezeption
  • Strukturen und Hierarchien in musikalischen Ensembles (Orchester, Chöre, kammermusikalische Formationen etc.)
  • Urheberrecht, Copy Right und Musikpiraterie
  • Massenkulturelle Phänomene
  • Big Data: Generierung, Auswertung, Datenschutz und Zugänglichkeit
  • Methodische Herausforderungen im thematischen Zusammenhang von „Musik und Demokratie“

Konferenzsprachen sind Deutsch und Englisch

Konzeption und Organisation:
Prof.‘in Dr.‘in Yvonne Wasserloos
Mag.a art. Sarah Haslinger
Pavle Krstic MA BA
Universität Mozarteum Salzburg
Mirabellplatz 1
5020 Salzburg
Austria
www.moz.ac.at

Archiv

Sämtliche Informationen zu vergangenen Jahrestagungen sind auf der Archivseite zu finden.

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