Wir gratulieren Isabel Frey und Angelica Pinna zum Musicologica Austriaca Best Paper Award 2024!
Im Rahmen der heurigen Ausschreibung des Musicologica Austriaca-Publikationspreises wurden 12 Aufsätze zu vielfältigen Themen rund um Musik, Musiker:innen und Musikkulturen eingereicht, die (in einem breiten Verständnis) in einer Verbindung zu Österreich stehen. Die Beiträge wurden anonymisiert begutachtet. Dabei ist die Jury, wie auch 2022, zu dem Entschluss gekommen, den Preis auf zwei qualitativ gleichermaßen hochwertige Beiträge aufzuteilen:
Isabel Frey, „Musical minhag: Negotiating Prayer Melodies in a Liberal Synagogue in Vienna“
Angelica Pinna, „Austria‘s Memory Turn on Display: Music Exhibitions as Pathways out of Oblivion“
Damit geht die Auszeichnung heuer an zwei Kolleginnen der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, wo Pinna ihr Doktorat absolviert und Frey dieses vor kurzem absolviert hat und nun als Senior Artist tätig ist. Beide Beiträge überzeugten die Jury mit einer klaren Fragestellung, nachvollziehbaren Argumentation, methodisch konzisen Durchführung und neuen Erkenntnissen, die nicht nur Anknüpfungspunkte für die jeweiligen spezifischen Forschungsfelder bieten, sondern weit darüber hinaus.
Beide Autorinnen nutzen zudem durch die Integration multimedialer Elemente die Möglichkeiten der MusAu als online-Medium aus. Wenngleich dies kein Bewertungskriterium im Auswahlprozess darstellte, so mag es doch die Vorfreude auf das Erscheinen der beiden Beiträge noch zu steigern.
Freys Aufsatz zu den musikalischen Praktiken an der liberalen Synagoge Or Chadash in Wien ist eine gelungene Tiefenbohrung in ein Fallbeispiel, das grundlegende Fragen aufwirft. Das Spannungsfeld zwischen Tradition und Innovation, zwischen Normen und tatsächlich gelebter Praxis in religiös-musikalischen Zusammenhängen wird anschaulich und greifbar gemacht. Die hochinteressante und gut nachvollziehbare Aufschlüsselung der untersuchten Gebetsmelodien in verschiedene Funktionsmodi ist eine der großen methodischen Stärken dieser Arbeit. Die Autorin leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Forschung über jüdische Musik, insbesondere über jüdisch-religiöse Musikpraktiken im heutigen Europa.
Pinna verknüpft in ihrem interdisziplinär angelegten Text über musikspezifische Ausstellungen zum Nationalsozialismus in Österreich Perspektiven aus der Musik-, Geschichts- und Erinnerungsforschung. Die Diskussion vielfältiger Themen nimmt ihren Ausgang von konkreten Beispielen für Ausstellungen im Haus der Geschichte Österreichs, an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien und im Technischen Museum Wien. Pinnas sich daran entfaltende erhellende Untersuchung kuratorischer Praktiken in der Darstellung von Musikgeschichte bzw. von Musik in der Geschichte stellt nicht nur einen relevanten wissenschaftlichen Beitrag für die eigene Disziplin und aus dieser hinausweisend dar, sondern ebenso allgemein in der Auseinandersetzung mit österreichischer Nationalsozialismus- und Nachkriegsgeschichte sowie mit Vergangenheitsaufarbeitung und Identitätsbildung. Ein Thema, das in unserer Gegenwart nichts an seiner Bedeutung und Brisanz eingebüßt hat.
Die Aufsätze werden demnächst in der Musicologica Austriaca erscheinen.